Demokratisiert RWE/ Innogy nun die Energie? – Erkenntnisse vom 2. Blockchain-Tag für die Energiewelt

„Dass ich das noch erleben durfte“- so musste ich dann doch den Vortrag von RWE Innogy auf dem 2. Blockchain-Tag für die Energiewelt kommentieren. Denn Kerstin Eichmann von Innogy stellte in der Tat den Slogan „Wir demokratisieren die Energie“ in den Mittelpunkt ihres Vortrags über ein spannendes Blockchain Projekt. Dort liefern private PV- Anlagenbesitzer Strom an Supermärkte in ihrer Nachbarschaft. Abgerechnet wird über die Blockchain, um es salopp zu sagen. Sehr spannend, da hier erstmalig C2B verhandelt wird - Prosuming und Digitalisierung pur.

Innogy hat zur Demokratisierung auch noch das Democratic Energy Projekt zu bieten- Video hier.

Nun, angesichts dieses Beitrags zur zweiten großen Veranstaltung zum Thema Blockchain (ausverkauft, über 120 Teilnehmer aus allen Bereichen der Energiewelt plus z.B. deutsche Bahn und Banken bei Vattenfall als Gastgeber) könnte man sich nun berechtigt fragen, ob es diesmal ernst gemeint ist mit einer vollkommenen Veränderung des Verhaltens der klassischen Stromkonzerne. Ob damit RWE zum Demokratisierer wird? Beim Konzern bleibe ich da doch sehr verhalten. Das Team des Innogy Innovationhub, aus dem die Blockchainanwendungen stammen, macht aber eine sehr gute Arbeit in die Richtung.

Wir bewegen uns mit dem Themenfeld an der Spitze der Digitalisierung, einer Technologie, die viel Potenzial hat, aber noch am Anfang steht.  Ich erinnere daran, dass wir hier einen vollkommenen Umbruch im Energiesystem befördern inklusive der einmal mehr glasklaren Erkenntnis, dass alle bisherigen Regeln des Energiewirtschaftsgesetzes oder die des nahezu grotesk schlechten Digitalisierungsgesetzes in den Müll müssen. Grünstrom- Zertifikate der alten Art, Handel im 15 Minuten Takt oder Datenverarbeitung im alten Takt können gleich mit. Dennoch verhielten sich einige Vertreter alter Strukturen so, als ob man mit dem Schönreden der technologischen Veränderung alles beim Alten belassen könnte, beziehungsweise als ob die Regeln, die da sind, nicht zu ändern wären.

Entsprechend mutlos in Sachen drastischer Veränderungen stellte sich die European Energy Exchange (EEX) dar. Es reicht nicht zu erklären, dass es Börsen schon immer gab. Angesichts des Umbaus von 200 relevanten Bilanzkreisen in Deutschland zu möglicherweise hunderttausenden bei 20 Millionen Erzeugern gilt es nachzudenken, was das dann für Börsen werden sollten. Sie könnten in wenigen Jahren in der Tat auch in Händen vieler Bürger und Mittelständler sein.

 

Schon jetzt bringt die Blockchaintechnik faszinierende Projekte wie das der aktuellen Schul- Direktunterstützung im Kauf von Strom durch Bankymoon aus Südafrika zu Tage. Haben Sie nicht Lust mit minimalen Transfergebühren direkt den „Prepaid“-Smart-Meter Stromzähler einer realen und direkt zu erreichenden Schule in Südafrika zu finanzieren? Dann gehen Sie doch einmal auf diese Website. Der Vortrag via Videokonferenz von Lorien Gamaroff von Bankymoon war jedenfalls extrem inspirierend und zeigt, wie weit bereits Anwendungen der neuen Technik sind.

Das Projekt der neuen und Physik bzw. Handel vor Ort zusammenführenden Grünstrom-Jetons wurde durch den Stadtwerke Energie Verbund präsentiert. Es ist seit Oktober 2016 auf Basis der „One Man Show“ Thorsten Zoerner aktiv und obwohl auch erst am Beginn und mit wenig Manpower gemacht, doch ein echter Wegweiser. Thorsten Zoerner hat mit dem Projekt „Strom-DAO“ einmal mehr vielen Firmen der „alten“ und „neuen“ Energiewelt vorgeführt: Die Idee der Energiegenossenschaft, in der „volldigital“ und transparent auf der öffentlichen Ethereum Blockchain abgerechnet wird, kann funktionieren. mehr

Mit den richtigen Tools kann in der Digitalisierung jeder kluge Kopf schnell Räume erobern, die ganze Konzerne aufgrund von Denkblockaden oder gar Denkverboten für ihre klugen Köpfe nicht schaffen. Dies versteht man aber nur, wenn man Digitalisierung eben nicht nur als Buzzword mit hohem Fehlerpotenzial versteht.

Ansehen sollte man sich daher auch Sebnem Rusitschka, freeel.io. Hier ist nicht nur das aktuelle Projekt „Adapteve“ (Nahstromabrechnung auf der Blockchain) sehenswert.  mehr Wie auch immer man zu Smart Metern steht, die anderen Arbeiten von Sebnem Rusitschka sollte man nicht ignorieren.

Es ist keine neue Erkenntnis, dass die Regeln des „Unbundling“ für einen Prosumer oder eine z. B. dörfliche Energiegenossenschaft nicht gelten können. Nicht neu ist auch, dass man diese Regeln daher ändern muss- inklusive der Notwendigkeit an die Grenze von Regelbrüchen zu gehen oder diese auch schlicht zu provozieren. Die Hilflosigkeit der „Reguliererei“ ist gerade angesichts der Blockchaintechnik überwältigend. Wer will die Bitcoins noch stoppen? Sie laufen auf über 6000 weltweit dezentral verteilten Rechnern. Jeder davon hat alle Buchungen und kann mit anderen Buchungen weitermachen. Man kann sich nahezu komplett verschlüsselt im System bewegen und somit Spinner wie Donald Trump jederzeit unterlaufen: Jeder Mexikaner in den USA sollte– so eine Steuer auf Auslandsüberweisungen eingeführt wird- eben verschlüsselt sein Geld in Bitcoin überweisen. Das ist nicht nur billiger, sondern eben auch schneller und ja: illegal in dieser Welt. Dies gilt jedoch nicht im Cyberspace der von Internationalisten betrieben wird und im Grund immer schneller sein kann als die staatlichen Regeln mit doch sehr seltsamen Vorstellungen von Gut und Böse, wie man bei Trump sieht.

 

So standen einige Thesen oder Lehren aus dem Scheitern des TheDAO Projekts am Ende des Tages im Raum. Diese werden diverse Mantren zur Blockchain erschüttern bzw. aus meiner Sicht richtigerweise die nötigen Weiterentwicklungen und Entscheidungen für breiter nutzbare Systeme bringen:

-    Wie bei jeder Software muss man die "unbekannten Unbekannten" berücksichtigen
-    Code (Programmierung) kann nicht absolut sein, sondern immer nur ein aktueller Status
-    Smart Contracts sind weder Contract noch Smart, aber sehr hilfreich
-    In der Blockchain werden vermutlich Kontrollinstanzen/ Autoritäten oberhalb des 51% Konsens nötig werden, denn auch auf der Blockchain gibt es massive Asymmetrien im Know How
-    das Postulat der Unveränderlichkeit verbunden mit der Frage nach Zensur der Blockchain müssen auf den Prüfstand bzw. beim Aufsetzen von Verträgen und Vereinbarungen zur Nutzung einer Blockchaintechnik berücksichtigt werden
-    und die Folge des vorher genannten: Wie dezentral ist dezentral?

Jetzt geht es richtig in die digitale Welt/ den Cyberspace:


Das Thema „Was ist strafbar?“ erschien auch in der Diskussion bei dem wirklich erneut nahezu euphorisierenden Vortrag von Shermin Voshmgir (Blockchain.Hub Berlin) zu den Lehren aus dem „Investment- Fond“ Projekt „TheDAO“ (siehe meine Blogs vom Mai und August 2016) Wie schon berichtet, hatte die weltweite Blockchain Community in diesen ersten Investment Fonds ohne Management über umgerechnet 180 Mio. Dollar einbezahlt. DAO steht generell für Dezentralisierte Autonome Organisation – die Bitcoin Blockchain ist eine solche. Es gibt trotz der mittlerweile kapitalen Größen der Bitcoin auch dort kein Management. Entscheidungen können immer nur mit Zustimmung von 51% der Stakeholder getroffen werden. Jede Weiterentwicklung des Programmcodes und somit der sogenannten Smart Contracts geht nur über die Mehrheitsentscheidung. Womit wir gleich beim ersten der zerbrochenen Dogmen sind: Smart Contracts sind weder Verträge noch sind sie Smart. Es sind Programmzeilen, die Null oder Eins entscheiden. Das hört sich natürlich nicht so cool an wie Smart Contract. Aber vielleicht hat das Buzz Word auch besser rasch ein Ende, da es irreführend ist. Eine oder auch viele Programmzeilen, die Dinge automatisiert ausführen wie Abrechnungen, Energieanforderungen, Energiekennzeichnungen oder was auch immer, bleiben am Ende immer Programmzeilen. Diese können falsch sein und müssen entwickelbar sein, wie das Scheitern des Projekts TheDAO zeigt.

TheDAO ist kurz nach dem Auffüllen mit den Mitteln und noch vor jeder Entscheidung, was damit gemacht werden könnte, von Hackern angegriffen worden und um bis zu 50 Mio. Dollar (fast) erleichtert worden. Das System sperrte für 40 Tage den „Abtransport“ des Geldes und in der Community brach ein aus meiner Sicht faszinierender und auch wichtiger Glaubenskrieg aus. Sollte man den Hacker nicht ziehen lassen? Er hat ja nix strafbares gemacht, denn das Programm war halt fehlerhaft und ein Dogma ist: „eine Blockchain darf niemals verändert werden“ Andere „White Hat Hacker“ (die „Guten“) griffen ein und versuchten den „Black Hat Hackern“ (die „Bösen“) beizukommen. War deren Tun illegal oder nicht? Was ist in einem völlig undefinierten Raum illegal? Hatten nicht die Einzahler (inkl. ich) über 180 Mio. Dollar auf Basis eines Programmcodes und auch noch völlig anonym eingezahlt? Was kann ich an Rechten überhaupt erwarten, zumal mich das System nicht einmal erreichen konnte, um eine Mehrheitsentscheidung zum Umgang mit dem Hacker überhaupt zu ermöglichen? Wie kann man also in Zukunft einen verschlüsselten Shareholder in einer solchen DAO oder einen verschlüsselten Stromkunden/ Produzenten dennoch, wo rechtlich nötig, identifizieren oder erreichen?

Oder anders gesprochen:
Ich habe sowas wie Geld, das offiziell keine Währung ist, verschlüsselt und anonym in ein System einbezahlt, das überall (also z. B. auf dem Laptop neben Ihnen in der U-Bahn) und nirgends (es gibt keine einzige Person, die eine Autorität im System hat und es gibt auch kein Büro) existiert. Ich habe dieses Geld einbezahlt, um junge Unternehmen zu fördern, welche die Blockchaintechnik überall und nirgends fördern. Deren Identifizierung (schließlich konnten Proposals auch von irgendwoher eingestellt werden) sollte von Seiten des Systems nur über eine Hilfe möglich werden. Es kann keine Regeln dafür geben. Von welchem Staat sollten sie auch kommen? Aus Russland, wo einige der Rechner durch die Moskauer U-Bahn fahren? Oder aus Indien, wo irgendwo im Land in einem Dorf mit Internetzugang ein Blockchainrechner läuft? Merken Sie etwas: Digitalisierung ist global, die echten (positiven) Treiber sind Internationalisten. Sie kennen keine Grenzen zwischen Staaten. „Peer to peer“ bedeutet mit einer offenen Blockchain eben keine Grenze. Das ist auch gut so. Vielleicht kann so eine Weltgemeinschaft nochmals überlegen, ob sie nicht doch beginnen will, ernsthaft über internationale Regeln, die in so vielen Bereichen nötig wären, nachzudenken. In der Blockchain hat sie dafür sicher noch viel Zeit. Wir machen derzeit die guten Sachen weiter.

 

Mit schon einigem Tumult im Gehirn geht die Reise in Cyber Space noch paradoxer weiter: Denn die Macher der Ethereum Blockchain- also des DAO Betriebssystems griffen ein und benutzten eine Art „Zeitmaschine“- also wieder etwas, was es zumindest in der realen Welt noch nicht gibt. Sie drehten die Blockchain auf einen Zeitpunkt vor dem Hackerangriff zurück und konnte so das Gros der Mitteln schützen. Die Ethereum Community zerbrach, wie berichtet, darüber in zwei Hälften. Noch immer ist ca. 1 Mio. Dollar aus TheDAO nicht von ihren Besitzern zurückgeholt worden. Da es auch keine Autorität gibt, stellt sich auch die Frage, wie das gehen soll, die Leute zu benachrichtigen.

Wie beim ersten Blockchain-Tag für die Energiewelt im Mai 2016 schwirrte mir auch diesmal noch am Wochenende nach der Veranstaltung der Kopf. Die schnellen Lerneffekte um TheDAO und die deutsche StromDAO inklusive aller ihrer Rückschläge sind absolut beeindruckend. Die Anwendung der Bitcoin für einfache Hilfsleistungen in alle Welt lassen mich euphorisch diesen Beitrag beenden.

Sehen wir uns am 5. September 2017 beim dritten Blockchain-Tag wieder bei Vattenfall in Berlin? Ich freue mich über einen regen Austausch. mehr

 

 

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