Ein guter Tag für die Energiewende

Der 2. Juli 2015 war ein guter Tag für die Energiewende. Gleich drei Ereignisse beenden einen weiteren Abschnitt an verschiedenen Stellen des politischen Diskurses und im Bereich der Wirtschaft.

Ereignis 1: Er markiert den Ausstiegsbeschluss für die Kohleverstromung in Deutschland. Wir hatten - wie sich einige erinnern mögen - auf dem Forum Solarpraxis im November 2014 in unserer Animation „Energiewende gestalten“ zu den nötigen weiteren Schritten eine Abwrackprämie für Kohlekraftwerke gefordert, um möglichst schnell Überkapazitäten aus dem Markt zu nehmen und umgehend CO2 zu reduzieren.

Begleitet von der Hoffnung, dass sich politisch eine Bewegung in diese Richtung entwickeln könne. Dann hat mich Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) mit seiner Ankündigung einer CO2-Abgabe doch sehr überrascht und auch offenkundig die Kohleszene, die dann bekanntermaßen gegen die Abgabe Sturm lief. Das war ein kluger Schachzug, die Branche anstelle von Kapazitätprämien mit einer Umlage zu überraschen und zu schocken. Also lief die Branche Sturm gegen etwas, was am negativsten für sie gewesen wäre, und feiert heute den Ausstiegsbeschluss mit Abwrackprämie als Erfolg. Klar, die Kohlelobby bekommt jetzt noch Geld fürs Zumachen und muss nix zahlen. Und natürlich nimmt diese Fraktion jetzt auch Geld mit für Kraftwerke, die vielleicht eh bald zugemacht worden wären. Aber nun ist es besiegelt und das Rückbau kann beginnen - die Kosten zahlt die Allgemeinheit und das wir auch so weitergehen. Denn sonst geht eben RWE unkontrolliert über die Wupper und das will auch keiner bezahlen - wir sind alle in Geiselhaft von einem Jahrhundert zentraler Energiewirtschaft und die fordert zum Schluss ihr Lösegeld. Die Abwrackprämie wurde Realität und Kohle ist damit eine Technik die abgewrackt wird und in die nicht neu oder reinvestiert wird.

Kein guter Tag war der 2. Juli indes für die Menschen in den Braunkohlenregionen. Denn wenn die Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen, die Entscheidung für den Ausstieg als Erfolg bezeichnen, dann belügen sie ihre Bürger weiter. Immerhin ist der Ministerpräsident von Brandenburg deutlich nachdenklicher geworden und spricht jetzt auch davon, dass sich die Strukturen ändern werden und ändern müssen. Aber er ist noch immer weit weg davon, das mit Nachdruck und proaktiv im Sinne seiner Landsleute zu betreiben. Auch scheint er noch immer daran zu glauben, dass ein weißer Ritter kommt, der Vattenfall kauft und einfach so weiter macht. Na gut, mit einem Kraftwerk weniger und vielleicht auch ohne neue Dörfer abzubaggern. Gerade jetzt sollte die Politik in den Revieren doch entschlossener denn je daran gehen die Strukturen umzubauen. Denn heute ist formal der Anfang vom Ende besiegelt worden.

Ereignis 2:
Die Kabel werden verbuddelt. So, und schon strahlt der bayrische Ministerpräsident in die Kamera und der Streit sowie die Ablehnung der geplanten Stromtrassen durch das Bundesland Bayern sind vom Tisch. Da nun sinngemäß ab jetzt gilt: Verbuddeln geht vor Freileitung kann auch der Windstrom aus dem Norden in den Süden fließen. Und natürlich der Strom aus den Offshore-Kraftwerken, welchen viele aus der Branche der erneuerbaren Energien sehr kritisch sehen, dessen Erzeugung sich aber nun mit einem Wahnsinnstempo materialisiert. Und der Strom muss dann weg. Bayern hat sich damit nebenbei noch Forderungen nach mehr Wind im Lande vom Halse geschafft. „Der kommt ja aus dem Norden“ und Solar findet man in Bayern ja eh gut. So sind alle Gewinner, auch die Bürger vor Ort müssen nicht mehr gegen die Strommasten kämpfen. Und seien wir mal ehrlich: Die Mehrkosten verdauen wird doch locker. Also - volle Kraft voraus beim Netzausbau. Wir sind gespannt, was davon in 30 Jahren noch gebraucht wird, wenn die Dezentralisierung sich richtig materialisiert hat. Aber das Kabel kann man ja wieder ausbuddeln. Ging am Ende ganz schnell - die Verteilerei von viel Geld. Und das obwohl doch immer so geschrien wurde über die Strompreiserhöhung aus der EEG-Umlage oder Mindereinnahmen aus dem Eigenverbrauch. Unterm Strich bleibt das Ereignis dennoch gut: Denn nun kann keiner mehr meckern, dass der Netzausbau zu langsam sei, weil eben die Bürger keine Strommasten wollen. Also bauen, bauen, bauen, auch wenn Ihnen gerade das Essen im Halse stecken bleibt.

Aber so funktioniert Politik meistens: Ist der gerade Weg eben nicht durchsetzbar, wird mit einem scheinbar faulen Kompromiss begonnen. Oft schlägt dieser aber den ersten Stein aus einer Mauer, die dann - manchmal über viele Jahre und Schritte verteilt - einstürzt. Das ist im Grunde befremdlich, aber die Realität.

Ereignis 3:
Die insolvente Prokon geht in die größte Bürgerenergiegenossenschaft auf, die Deutschland bislang gesehen hat. So heute die Entscheidung der Gläubigerversammlung. Eine Entscheidung pro Bürgerenergie und gegen den Verkauf an die EnBW, welche damit in ihren Umbaubemühungen Richtung neue Energiewirtschaft eine deutlichen Dämpfer erhält. Es ist spannend zu sehen, dass sich die gebeutelten Anleger so entschieden haben - weg vom durchaus interessanten Angebot der EnBW hin zum Weiterführen in neuer Form mit weiter gebundenem Geld. Aber eben in den eigenen Händen. Ich bin gespannt, wie diese Geschichte weitergeht. Aber sie ist eine gute Nachricht.