Elektromobilität- ein Erfahrungsbericht und aktuelle Einschätzung wo wir stehen

Seit sehr langer Zeit wollten wir in der Familie ein Elektromobil, aber nicht um jeden Preis. Und so haben wir keine Rollerfahrzeuge mit Tretunterstützung gekauft oder uns auf andere Experimente eingelassen. Daher hieß es warten und schauen, was sich so entwickelt. Wir haben die Hybriden von Toyota oder Honda getestet, ebenso den iMIEV von Mitsubishi und sind dennoch weiter beim Diesel geblieben. Bis wir unseren BMW i3 fanden.

 

Zuerst hatten wir die Qual der Wahl, dann meisterten wir unsere größte Herausforderung, sind glücklich mit dem fast geräuschlosen Fahren und noch glücklicher mit unserem Verbrauch von umgerechnet 0,8 Liter/ 100 km. Die Reichweitendiskussion halten wir ebenso für falsch wie das Zögern der Hersteller bei der Digitalisierung. Wir lieben die Visionen für den Straßenverkehr der Zukunft und die Gedanken daran, was politisch alles erreicht werden könnten, wenn es nur gewollt wäre.

 

Und beim Thema ‚gewollt‘ stellt sich die Frage, warum in China x mal mehr Elektroautos verkauft werden und der Markt für Elektroroller, Elektromotoräder, etc. nahezu unübersehbar ist. Es reicht eigentlich ein kurzer Blick in die Übersicht der meistverkauften Automarken 2016 in China. Merken Sie was bei den Stückzahlen und Namen? http://chinaautoweb.com/2017/01/best-selling-china-made-evs-in-2016/

 

Ich will nicht zu schwarzmalen, aber die Situation erinnert mich an die deutsche Solarindustrie 2006. Die damals noch zahlreichen Modul- und Zellhersteller in Deutschland schauten verächtlich auf die chinesischen Newcomer und haben dabei vollkommen unterschätzt, wie diese sich entwickeln konnten. Anders als das Geschwätz von Solarworld, die lange Zeit gegen Zölle auf chinesische Zellen und Module waren, über das Dumping aus China, sind große Teile der deutschen Solarindustrie an ihrer Unterschätzung der Fähigkeiten der chinesischen Firmen gescheitert.

 

Leider ist in der breiten Öffentlichkeit nie analysiert worden, was da passiert ist: Eine sich gerade entwickelnde neue Industrie in Deutschland ist auf einen direkten Wettbewerber gestoßen, der schnell auf dem gleichen technischen Stand war und durch Massenanwendung und Produktion schnell in allen Belangen besser war, und dazu billiger. Und der eine Regierung hat, welche der Technik sehr positiv gegenübersteht und sie fördert - während in Deutschland sowohl große Koalition als auch die unsägliche CDU/ FDP Regierung 2009- 2013 beinahe alles getan haben, um die deutschen Unternehmen kaputt zu kriegen.

 

Aus meiner Sicht wiederholt sich das gerade bei der Elektromobilität. Die deutschen Hersteller sind natürlich mit z.T. über 100 Jahren Geschichte an einem vollkommen anderen Punkt als die damals kleine junge Solarindustrie. Aber sie beginnt komplett neu mit der Elektromobilität in einem Land, das ja auch weiterhin glaubt, der Wohlstand falle ohne Veränderung vom Himmel und das im Gro weiterhin auf den alten Verbrenner-Schrott setzt.

 

Ja, Schrott, denn Elektroautos sind in allen Belangen besser und werden schon bald auch im Westen billiger sein als viele Verbrenner. Und sieht man auf die Skaleneffekt im chinesischen Markt verglichen zu Deutschland und die hohe Innovationsgeschwindigkeit, dann wird das hart. Mal sehen, ob es 2025 noch alle deutschen Marken so gibt. Das Tempo des Umbaus und der Wille der deutschen Regierung, das auch zu fördern, sind viel zu klein. Und China meint es ernst. Das ist gut für die Lungen der Menschen dort (unsere Lungen sind ja der deutschen Autoindustrie und der Politik offenbar egal) und gut für deren Industrieentwicklung.

 

Einen breiteren Überblick und Fahrberichte finden Sie hier zum Download als PDF

 

Treffen wir uns bei der PV-Betreiberkonferenz am 5. Mai 2017 bei SMA in Kassel zu einer Probefahrt in einem westlichen Elektroauto?

 

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Kommentare: 7
  • #1

    Christian Dürschner (Mittwoch, 19 April 2017 13:28)

    Hallo Kalle,

    Deine Ausführungen zur Elektromobilität sind richtig. Ich möchte gerne etwas ergänzen, denn ein wesentlicher Aspekt ist von Dir nur kurz angerissen worden:

    Die (deutsche) Autoindustrie hat(te) bisher weltweit einen Vorsprung bei der Entwicklung und Massenfertigung von "Fossil-Fahrzeugen". Dieser Vorsprung erklärt sich zum einen durch die mehr als 100jährige Erfahrung und zum anderen durch die (meistens) gute Qualität - aber vor allem erklärt sich dieser Vorsprung dadurch, dass die Einstiegshürde für neue Hersteller für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor sehr, sehr hoch ist: Einen verbrennungsmotorischen Antriebsstrang mit Abgasreinigung auf höchstem Niveau zu entwickeln und herzustellen ist schwierig - so schwierig, dass auch von etablierten Herstellern "gelegentlich" zu nicht ganz legalen Tricks gegriffen wird...

    Aber um ein Elektroauto zu entwickeln und "massenzufertigen", benötigt es deutlich weniger Komponenten: Kein Anlasser, keine Lichtmaschine, keine Kupplung, kein Schaltgetriebe, kein Auspuff, keine Abgasreinigung, etc. Die Einstiegshürde liegt also deutlich niedriger!

    Für den Bereich Elektromobilität gilt (noch): Kein Hersteller hat sich bisher einen wirklichen Vorsprung erarbeiten können, weil alle - die alten und die neuen - weitgehend bei "Null" anfangen müssen. Die "Spielereien" in den 80er und 90er Jahren 'mal außen vorgelassen. Aber diejenigen Hersteller, die jetzt schnell (und gut!) sind, werden die Nase vorn haben. Leider sehe ich nicht, dass die deutschen Automobilhersteller zu den schnellen gehören werden und befürchte daher, dass wir uns mittelfristig auf Massenentlassungen in der deutschen Automobilindutrie (und deren Zulieferbetrieben) "vorbereiten" müssen.

    Mich wundert in diesem Zusammenhang, dass nicht von seiten der Gewerkschaften ein forciertes Hinwenden zur Elektromobilität gefordert und gefördert wird - denn zukünftig wird nur eine "heimische" Elektromobil-Fertigung den "heimischen" Automobilarbeiter ernähren können!

    Ein Artikel vom 30.09.2015 (!), über den ich "neulich" im Netz "gestolpert" bin, beschreibt es meines Erachtens recht gut:

    Die Belagerung der Automobilbranche hat begonnen: 1 Das Apple-Auto kommt, 2 Die elektrische Revolution, 3 Computer auf Rädern, 4 Die Asymmetrie der Services
    http://www.neunetz.com/2015/09/30/die-belagerung-der-automobilbranche-hat-begonnen/

    Schade eigentlich, denn ich würde gerne als Nutzer eines deutschen (Solar-) Elektroautos alt werden. Bei meiner eigenen PV-Anlage habe ich "damals" ja auch auf deutsche Produkte (Solarmodule von Siemens und Wechselrichter von SMA) gesetzt!

    Viele Grüße, Christian D.

  • #2

    oekoschwein (Mittwoch, 19 April 2017 14:30)

    Mir ist nicht klar, wozu man in Berlin, mit einem gut ausgebauten Nahverkehrssystem, ein Auto braucht. Da sollte ein Faltrad, meinetwegen auch mit Elektrounterstützung, das man im ÖPNV mitnehmen kann, doch reichen. Mir reicht das im Großraum München völlig. Mein Auto brauche ich nur noch selten für größere Transportaufgaben, oder vor allem wenn es weiter weg gehen soll. Und sperrige Gegenstände lassen sich mitunter sogar leichter im Fahrradanhänger transportieren, als im Auto. Das Pendeln im Auto ist nicht für jeden vermeidbar, aber die Propagierung des E-Autos als ach so ökologisch ist allenfalls gut gegen das schlechte Gewissen, das man trotzdem haben sollte, denn alle Autos brauchen sehr viel Verkehrsraum, auch E-Autos haben laute Rollgeräusche (überwiegen ab 80 km/h) und die Unfälle damit sind keineswegs weniger fatal.

  • #3

    Karl- Heinz Remmers (Mittwoch, 19 April 2017 20:35)

    Liebes "Oekoschwein",

    denke im Artikel habe ich es klar ausgeführt dass e-Autos kein Verkehrskonzept sind und zuerst ÖPNV vernetzt ausgebaut werden muss, ebenso Radwege- wohl wissend, dass nicht alle auf ihr Auto oder zumindest ein Sharingfahrzeug verzichten wollen/ werden. E-Mobility kann nur ein Beitrag sein um den individuellen Verkehr etwas verträglicher zu machen- mehr nicht.

  • #4

    Hans Holz (Mittwoch, 19 April 2017 21:33)

    Ich fahre seit 2011 nun mein drittes E-Auto. Ich wollte unbedingt ein E-Auto und wurde 2011 fündig. Ein Peugeot Bj. 1996, er tat seine Dienste am Flughafen von Paris. Altes Auto, alte Batterien, alte Technik. 2012 verkaufte ich diesen und bekam einen neuen Peugeot- Partner für 19.990 €. Das Auto war gut, die Batterie na ja. Eine Chemische Batterie die ständig auf 240° Celsius gehalten werden musste. Ein ständiger verbrauch von 120 - 150 Watt/h. Die Reichweite lag schon bei ca.125 km, aber 5 Tage in der Garage und die Batterie war auch leer. Nun habe ich gut 2 Jahre einen E-Up von VW. Ich bin im Sommer schon 160km gefahren. Im Winter ( bei Minus 10° bin ich 100 km gefahren, dabei musste ich Heizung und Lüftung reduzieren. Dieses Auto fährt übers Jahr gesehen mit über 95 % Sonnenenergie vom eigenen Dach. Kosten im Sommer 1,20 € auf 100 km. Im Winter entsprechend mehr. Weitere Kosten gibt es nicht, außer jährlich die Versicherung. Und nun nach 2 Jahren die erste Inspektion: Pollenfilter ersetzt, Lichtest und Scheibenwaschanlage aufgefüllt, das war es. Gesamte Betriebskosten im Jahr, ohne Versicherung, 150 €. Ein Verbrenner hat in 2 Monaten schon allein 150 € Spritkosten. Das größte Problem, warum E-Autos noch nicht gekauft werden ist die Diskussion um die Ladesäulen. Jeder Interessent denkt er müsse eine Ladesäule in unmittelbarer Nähe haben. Ich tanke mein Auto aus der Steckdose in der Garage und soweit möglich nur dann wenn die Sonne scheint. Der Rest ist Ökostrom von EWS. Im übrigen habe ich seit knapp 4 Jahren eine Batterie mit 14,3 KWh nutzbares Speichervolumen im Keller. Deshalb kann ich meinen Zweifamilienhaushalt mit E-Auto zu 86 % mit eigenem Sonnenstrom versorgen. Die PV-Anlage hat eine Leistung von 14,07 KWp.

  • #5

    Oli (Donnerstag, 20 April 2017 09:35)

    Hallo,
    ich hatte 7 J. lang ein CityEl, also ein besonders leichtes, nicht sehr leistungsfähiges und nicht Massen-taugliches dreirädriges Elektrofahrzeug und bin deshalb diesem Thema sehr gewogen. Ich wundere mich nicht mehr, weshalb die dt. Autoindustrie keine E-Fahrzeuge rausbringen will. Warum das so ist, haben doch Politiker längst offen ausgesprochen: Wenn die dt. Industrie das täte, wäre sie (und das ganze daran hängende Kfz-Werkstätten-Gewerbe) innerhalb weniger Jahre finanziell am Ende. Warum? Weil E-Fahrzeuge nur noch wenige Verschleißteile haben und min. 40% der heute bewegten Teile im Motor, Getriebe etc. komplett fehlen. Es gibt nur noch einen, zwei oder vier E-Motoren, die i.d.R. ein Autoleben lang halten sollten und i.d.R. kein Getriebe mehr. Keine Zündkerzen, kein Motoröl mehr zu tauschen. Keine "schönen" Motorschäden durch gelängte oder gerissene Steuerketten/-Riemen, keine Kolbenfresser, keine Getriebeschäden, keine Auspuffe, keine Abgasuntersuchungen!
    Wovon soll eigentlich die deutsche Autoindustrie und ihre Millionen Beschäftigten leben? Das wissen die Verantwortlichen in Industrie und Politik und schützen diesen Zweig so lange es geht. Und lange wird es nicht mehr gehen. Dann bricht der ganze Ast einfach ab und die Produkte kommen aus China.
    Können wir tatenlos zusehen? Sicherlich werden so oder so viele Beschäftigte sich umorientieren müssen. Aber wir brauchen sowieso weniger Privatfahrzeuge und mehr Öffentlichen Verkehr, mehr "Öffentliche Pkw" (Carsharing, Mietfahrzeuge etc.).
    Unsere Politik fährt mal wieder sehenden Auges gegen die Wand, genauso wie bei der dt. Solarindustrie.

  • #6

    friedenssolzialer eMobilist (Donnerstag, 20 April 2017 19:42)

    - zuerst zu "Oekoschwein" diese Haltung findet sich durchaus oft. Aber bedeutet das nicht von den restlichen > 50% außer den Landwirten (1%), dass die alle in die Stadt (Berlin, München, Hamburg) ziehen. Hoffe dort wird genügend gebaut (Flächenverbrauch) damit das klappt. Der aktuelle Trend gibt ihnen jedenfalls recht.

    - nun zu dem sehr guten eigentlichen Artikel und dank dafür. Kann es sein, dass es bei der Diskussion um Arbeitsplätze nicht weit genug gedacht ist. Öl, das ja erstmal kostenfrei im Boden liegt, hat mit Volumen x Rendite die zentralistische Finanzpyramide schon seit Jahrzehnten ganz oben inne. Was ist mit den Arbeitsplätzen der Waffenindustrie, der Bundeswehr, Nato, den Baufirmen welche die höchsten Gebäude der Welt in den Sand setzen. Sogar der Flugverkehr würde es schwer haben. (Kerosin = wenig wertvolles Abfallprodukt der Diesel- und Benzin- Produktion. Natürlich auch das Schiffschweröl, das den Schwefel verbrennt, den wir aus Diesel und Benzin entfernen. Die ganze Geopolitik würde sich neu aufstellen müssen. Wer würde schon Kriege führen um Wüsten und Gewürze zu sichern (Syrien, Iran, Irak u.s.w.u.s.f). Wir wissen es doch. Oder wissen wir es nicht, dass wenn wir in einen Verbrenner, der Bahn, des ÖPNV, Taxi und der eigenen Dreckskare uns bewegen und Geld dafür geben, dass wir das Argument schaffen und Grundlage sind, für dieses grausame Spiel. Der Vergleich mit PV hinkt ein wenig, den das Dach war ja nicht belegt, nur die Stromleitung. Bei eMobilität haben wir drei Verlierer: Schäuble, VDA und Öl-Industrie samt ihrer Nato-Security. Doch eine Ähnlichkeit könnte es geben zu PV. Erst als damals mehr als ein GW in einem Monat installiert wurde hörte der Spass auf. Mal sehen was passiert, wenn in einem Monat 1 Mio EV bestellt werden. (Tesla hat ja erst 400.000 Bestellungen = 15 Mrd. $ als LOI über 2 Jahre und auch noch über den ganzen Planeten verteilt). Die Schlagzeilen und Proficampagnen mit richtig schweren Geschütz gegen die eMobilität sind noch nicht aktiv. Die INSM hat mit lächerlichen 7 Mio. € den deutschen PV-Markt abgeschossen. Der ÖL-ADAC lässt derzeit lediglich mal kleine Bläschen aufsteigen. Freu mich schon, wenn ich von den Lämmern nicht nur wegen der unsozialen PV sondern auch noch als Arbeitsplatzvernichter bei Heckler & Koch wegen meinem eAuto beschimpft werde. Wie auch immer eine lebenswertere, friedlichere Zeit ist im Anmarsch, unaufhaltsam. - Lasst die Kohle und das Öl im Boden und die Kugel im Magazin.

  • #7

    e-Auto Evangelist (Freitag, 21 April 2017 10:52)

    Hallo Karl-Heinz,
    ich fahre nunmehr seit 5 Jahren elektrisch; ohne
    ein eAuto zu besitzen. Ich knacke in diesem Jahr
    meine 30.000 km elektrisch. Dabei steuere ich
    verschiedenste Vehikel angefangen vom e-UP,
    über die Zoe, den i-MEV/C-Zero, ActiveE,
    i3, i8 , das ModelS ... und im Sommer die emmy und weitere.

    In Berlin kann ich mich problemlos elektrisch fortbewegen als
    individual Verkehrsteilnehmer ohne die die Öffis. In den letzten
    3 Jahren habe ich nur 3 Schnipsel einer 4er Karte gebraucht.

    Was viele unterschätzen, ist das reale tägliche Dasein im Free-Floating
    Charging Modus. Ich hab keine Steckdose in Berlin, weil ich keine brauche.
    Solange es aber nicht genügend Ladestationen gibt, werden
    die Leute am Ende auch dem besten Hersteller (China/US/D) keine Fahrzeuge abnehmen. EV's ist ein Home-User Fahrzeugmarkt, bei dem sogar noch hinzu kommt, das oftmals (sorry) "dumme" Menschen über den Fahrzeugkauf mitentscheiden können ... In Thüringen darf ich gar nicht mehr als 2 Tesla's an die Zuleitung einer Kleinstsiedlung in OrtsAussenlage anschliessen, weil dies der Stromanbieter untersagt hat.

    Bei DriveNow wird man angeblasen, wenn man die Schnelllade Stationen im Stadtgebiet nutzt, bei Multicity kriegt man Abschleppgebühren aufs Auge gedrückt, wenn sich wg. Software problemchen das Fahrzeug an einer RWE Säule beim Anschliessen komplett abschaltet und nicht mehr reaktivieren lässt.
    Das sind reale Alltags-EV-Fahrer Problemchen, mit denen sich einer Verbrenner niemals rumzuärgern hat.

    LG
    /mkl