Energy Start-up Forum: Die Reale Welt braucht Soft- und Hardware

Am 11.2.2016 fand das Energy Start-up Forum der Solarpraxis Neue Energiewelt in den Räumen und mit freundlicher Unterstützung von Taylor Wessing in Berlin statt. Auch Vattenfall hat das Forum unterstützt und mit Claus Wattendrup auch ein Mitglied der Jury gestellt. Die weiteren Jurymitglieder waren QCells-Gründer Paul Grunow, Michael Bez von EnBW und Bernd Arkenau von ecapital. Moderiert hat die Veranstaltung Michael Fuhs, der Chefredakteur des pv magazine Deutschland.
10 Unternehmen präsentierten Ihre Produkte und Ideen vor rund 60 Teilnehmern, vornehmlich Investoren, die im Energiebereich aktiv agieren.


Viele der Investoren sind aus dem Umfeld klassischer Energieunternehmen entstanden oder Einheiten dieser Unternehmen. Sie suchen in diesem Umfeld eine aktive Rolle in der Neuen Energiewelt zu spielen.

 

Am meisten überzeugt hat die Jury die Firma prosumergy mit ihrer Plattform/ Service-Lösung für Mieterstromlieferung aus dezentralen EE-Anlagen. Das Unternehmenskonzept hat so ein bisschen was von der Suche nach dem heiligen Gral- der effizienten Lieferung von Mieterstrom. Die ganze Branche sucht danach, namhafte Spieler in dem Bereich wie Toshiba haben sich aber unlängst wegen der vielen bürokratischen Hürden und auch den Schwierigkeiten, die Mieter zu begeistern aus dem deutschen Markt nach wenigen Pilotprojekten verabschiedet. Gelingt es prosumergy das besser hinzukriegen, hat das Modell für Deutschland gute Chancen auf Wachstum.

 

Informell auf Platz 2 ist mit ecoligo auch eine Plattform für die Finanzierung und Umsetzung von Photovoltaik- Stromlieferprojekten im Gewerbebereich in Afrika oder Asien gelandet. Das Team ist schon länger in den anzusprechenden Märkten unterwegs und macht den Eindruck zu wissen mit welchen Hürden sie es zu tun haben werden. Kapital für Solarstrom in offgrid Bereichen oder Bereichen mit sehr schwachen Netzen steht vor allem international bereit, was das rasante Wachstum von kleineren Lösungen, u.a. den sog. Pay as you go Angeboten zeigt. Vielleicht sollte ecoligo aber direkt ins Silicon Valley gehen, dort steht massenhaft Kapital für diese Art Investments zur Verfügung. Denn welche Mittel ein deutsche Crowd bereitstellen will oder kann ist ziemlich offen.

 

Damit waren die beiden Unternehmen mit "nicht- Hardware" vorne.

 

Erst auf dem dritten Platz kommt mit Vestaxx ein Anbieter einer elektrischen Flächenheizung, welche direkt in die innere Scheibe einer Dreifachverglasung integriert ist. Ein solches Produkt wäre noch vor wenigen Jahren bei hohen Heizlasten im Gebäude und dem seinerzeit sehr schlechten Primärenergiefaktor von Strom kaum denkbar gewesen. Aber mit der Fortentwicklung der EnEV (Energieeinsparverordnung) in Deutschland und der darüber liegenden "European Building directive" werden Heizlasten immer kleiner. Bereits in wenigen Jahren wird der "Passivhausstandard" vermutlich allgemeiner Standard. Warum also nicht mit dem Fenster elektrisch heizen und dabei den Solarstrom vom Dach oder erneuerbaren Strom aus dem Netz nutzen. Dies erscheint irgendwie als Frevel, denn man kann mit Strom und einer Wärmepumpe ja noch viel mehr Umweltenergie in die Heizung einkoppeln. Dazu wird dann aber eine aufwendige Anlagentechnik benötigt sowie eine Wärmeverteilung im Haus. Oder eben in der Wohnungslüftung direkt, dann aber als MUSS verbunden mit einer aktiven Feuchteregulierung in der Wohnungslüftung. Betrachtet man den Aufwand in Installation und Wartung kann man sicher nicht von der Effizienzseite aber von der Kostenseite über Heizung im Fenster planerisch nachdenken. Es wird spannend, wie das angenommen wird und im harten Realitätscheck in Kosten, Effizienz und Nutzung bestehen kann.

 

Die sieben weiteren Anbieter von "Hardware" kommen mit unterschiedlichen Techniken auf den Plätzen danach. Die Entscheidung der Jury war überraschend, sie ist allerdings auf einer Linie mit der Beobachtung, dass im "Silicon Valley Berlin" vornehmlich Software oder natürlich noch besser Investor`s Darling Plattformen gefördert werden. Ob diese Entscheidung nun damit dem offenkundigen Schwertun von Investoren im Bereich der "Anfassbaren Produkte" folgt oder einfach durch die höheren Kosten bis zum einem echten "Proof of concept" mit Hardware Produkten begründet ist, lässt sich schwer ausmachen. Vielleicht sind auch die Präsentationen besser angekommen.


Als notorisch optimistischer Unternehmer würde man am liebsten überall Erfolg und Investments sehen - eine Position die natürlich kaum umsetzbar erscheint. Dennoch wäre es gut, auch außerhalb der dafür durchaus zugänglichen Fördermittelgeber aus Bund und Ländern, mehr Mittel für die Entwicklung von Hardware aus dem Bereich der privaten Mittelgeber akquirieren zu können.
Aus Autorensicht waren viele der Hardware-Konzepte interessanter als die Plattformen. Liegt vielleicht auch an der Technikbegeisterung für reale, gut gemachte Produkte.


Und da hatten Mowea-TU Berlin mit ihrem Mikro-Windrad oder Crestmill mit der Idee eines im Dachfirst integrierten Mikrowindrads interessante Konzepte bzw. auch gut gemachte Prototypen dabei.
Die Mowea-Mikroturbine setzt dabei auf konsequente Verbesserungen zur Kostenreduktion und Wirkungsgradsteigerung durch MPP-Tracking in der Turbine direkt. Das Team macht einen sehr klaren Eindruck hinsichtlich des technischen Hintergrunds und ihrer Überlegungen. Die Mikroturbine dürfte bei Erreichen der gesteckten Kostenziele weltweit eine breite Anwendung finden können, da sie flexibel aufgebaut ist. Qualitativ vernünftige Werkstoffe optimiert zu einem kostengünstigen Produkt sind der richtige Ansatz. Und es ist klar, dass solche Innovationen auch in einem Markt, in dem bereits etliche kleine Turbinen verfügbar sind, viele Wettbewerber ersetzen kann oder eben mit guten Eigenschaften auch diesen Markt zu vergrößern hilft.

 

Eine durchaus größere Herausforderung in der Marktdurchdringung steht wohl vor Crestmill. Deren Mikro- Windrad ist in einem Dachstein für den Dachfirst von klassischen Ziegeldächer eingebaut. Also eine Art "Building integrated Windturbine". Auf das Dach anstelle der Firststeine gesetzt entsteht ein optisch wenig auffälliges Windrad auf dem Dach. Crestmill steht mit seinem Prototypen am Anfang der Entwicklung, die u.a. Realwirkungsgrade aber auch Schallemissionen und auch die Fragen nach der Genehmigung dieses Produktes beinhaltet. Auch Crestmill hat klar im Fokus, dass sich ein solches Produkt  nur bei geringen Kosten und damit entsprechend niedrigen Strompreisen vom Dach entwickeln kann. Denn natürlich sind auf dem Dach die Windgeschwindigkeiten geringer als auf einem Mast in größerer Höhe. Funktioniert das Produkt, kann die Windkraft die Solarenergie im Winter ideal und am Objekt direkt ergänzen. Eine dezentrale Vollversorgung von Gebäuden käme man so näher.

 

Auch das Sunoyster- Team hat eine klare Idee, wo auf der Welt deren Produkt passt (Kosten und schlicht Installierbarkeit) und wie man es kostengünstig produziert. Und ist, um es offen zu sagen, eine große Ausnahme im Bereich der CSP bzw. spezieller Solarthermieanbieter. Sie vermeiden u.a aufwendige Vakuumtechnik in ihrer Konzentratorröhre und klappen ihren Konzentratorspiegel einfach zu, wenn es zu heiß werden sollte. Es ist den Machern klar, dass es bei der Strom- und Wärmeproduktion auch aus Solarenergie eben auf geringe Kosten pro kWh ankommt. Auch die Integration der konzentrierenden PV-Zelle macht in diesem Konzept Sinn.

Green LS bietet für den Markt der Kühltransporter (und ganz ehrlich: die Dinger werden halt gebraucht und auch in Zukunft auf den Straßen sein) eine gute Idee den Strom für den Kühlanhänger mit Photovoltaik zu produzieren. Das ist vielleicht nicht "fancy", aber sehr effektiv und die Anwendung passt gut zum Angebot durch die PV. Angesichts des geringen Wirkungsgrades bei der Produktion von Kälte über Diesel oder auch der Notwendigkeit stehende Kühlhänger mit Strom aus dem Netz für viel Geld kühl zu halten und der prognostizierten Wirtschaftlichkeit, sollte das Produkt bei richtigem Vertrieb eine breite Anwendung finden.

 

SinnPower entwickelt ein neues, flexibel erscheinendes System zur Nutzung der Energie von Meereswellen. Das aufwendige Entwicklungsvorhaben hat bereits viel Geld in die Grundlagen investiert und beginnt nun nach der Erprobung von fest montierten Prototypen mit dem Aufbau eines schwimmenden Systems, um die Technik im Meer und nicht länger an Hafenmauern zu erproben. Wo Weltmeere einen relativ kontinuierlichen Wellengang haben, könnte dieser Ansatz eine sehr hohe Verfügbarkeit des produzierten Stroms über das Jahr erreichen. Herausforderung werden auch hier am Ende die Stromkosten im Vergleich zur Solartechnik oder Windenergie sein und die bekannten Themen aller Meeresapplikationen: Korrosions- und Wetterfestigkeit.

 

Das Batterie-Box System von Premium Power kam in der Präsentation eher als Batterie rüber. Es ist aber als Plattformkomponente für den Automobil, aber auch für den stationären Speicherbau und Einsatz gedacht. So soll die Box dazu dienen verschiedene Batteriezellen (und Generationen) schnell wechselbar in Autos zu integrieren, um z.B. an Tankstellen künftig in 2 Minuten einen Batteriebox- Tausch vornehmen zu können. Auch soll die Box eben eine Plattform sein in der sich entwickelnde Batterie- oder Kondensatortechniken integrieren lassen. Ohne ständig die Plattform der Box zu wechseln. Zur Box gehört auch ein Wechselroboter, der in Zukunft das klassische Tanken ersetzen soll. Der Plattformgedanke erscheint ziemlich sinnvoll. Das Gesamtprojekt ist nichts Anderes als der Versuch einen Durchbruch bei der Standardisierung von Elektromobilität zu schaffen. Gelingt es, die Box bei führenden Herstellern zum Standard zu machen, kann diese Idee zünden ohne dass sich Premium Power selbst über Nacht in einen Großkonzern verwandeln muss.

 

Smart Hydro Power gibt es schon seit 2010 - der Gründer hat auch sehr klar dargestellt, welche guten wie schlechten Erfahrungen sie bereits mit ihrem "mobilen Wasserkraftwerk" gesammelt haben. U.a. haben sie neben Produktverbesserungen auch mit Photovoltaik Systemlösungen für Stromlieferungen für ihre Kunden in ländlichen Gegenden ohne Stromversorgung begonnen.


An dieser Stelle gibt es durchaus Synergien oder auch Wettbewerb zu den bislang reinen Solarprojekten der ecoligo. Hier schließt sich dann doch der Kreis zwischen Software/Finanzplattformen und der notwendigen Hardware zur Stromproduktion.


Es bleibt abzuwarten, welche Ideen sich durchsetzen werden. Klar zeichnet sich allerdings auch im Start-up-Universum die Verschmelzung der Energiewelten und die Aufbruchsstimmung auf allen Seiten ab. Start-ups können einen entscheidenden Beitrag zur neuen Energiewelt leisten, das haben die Energieversorger und Stadtwerke ebenso wie die Pioniere der Erneuerbaren erkannt.


Mit diesem neuen Format trägt die Solarpraxis Neue Energiewelt AG dieser Entwicklung Rechnung und bringt auf dem halbjährlich stattfindenden Energy Start-up Forum Start-ups, Investoren und Konzerne zusammen.