Solarworld vs. Solarpower Europe und SAFE: Neues aus dem Handelskrieg

Liest man die Entscheidung im Detail wird entgegen der üblichen reißerischen Darstellung von der Verletzung der Vereinbarung schnell klar, dass die aus meiner Sicht leistungsstärksten Unternehmen der PV-Welt außerhalb Chinas alle nicht "beschissen" haben. So kann man die EU-Dokumente dazu auch als eine Art "White List" lesen von Unternehmen die moderne Fertigungsanlagen in einer wirklich wettbewerbsfähigen Größe eben in Malaysia und Taiwan betreiben. Was beides freie Marktwirtschaften sind.


Bemerkenswert ist in den Dokumenten auch eine Feststellung, welche sinngemäß übersetzt feststellt, dass quasi alle Exportpreise aus den Ländern deutlich unter der 2012/2013 als Dumpingschwelle definierten Verkaufspreisgrenze liegen.
Was die EU-Beamten daraus wohl schließen? Das alle dumpen außer den in der Regel viel kleineren oder gar ohnehin auf Nischen spezialisierte Modul- Herstellern in der EU oder in den USA? Ein Kollege sagte dazu "Es ist, als ob die EU auf der Autobahn fährt und sich über lauter Geisterfahrer wundert, welche ihr entgegenkommen. Den Schluss, dass man in einem solchen Fall selbst der Geisterfahrer ist hat sie noch nicht gezogen". Es bleibt nun abzuwarten wenn es um weitere Entscheidungen rund um den Handelskrieg geht.
Schließlich geht es um die Frage der economy of scale - die EU-Modulproduktionen erreichen Produktionsmengen von überall kleiner 700 Megawatt/Jahr aus, nur Solarworld und Jabil in Polen haben solche Kapazitäten. Dann folgen schon mit Abstand Astronergy und zum Beispiel Aleo, Heckert, Solarwatt in Deutschland.

Das Gros der EU-Fertigungen hat Nennkapazitäten unter 100 Megawatt/Jahr. In der EU/USA/Japan beträgt die mittlere Größe der Modulfertigungen ca. 350 Megawatt/Jahr. In Asien (außerhalb China) sind es ca. 950 Megawatt/Jahr und Fertigung und in China fast 1200 Megawatt/Jahr und Fertigung. Auch sind die Solarmodule in EU/USA/Japan wesentlich weniger standardisiert als in den anderen asiatischen Ländern und China. Die höchsten Standardisierungswerte erreichen dabei die nicht-chinesischen Unternehmen in Asien mit ihren oft brandneuen Fertigungsanlagen.

Die Top 10 der Solarzellen/Modulhersteller weltweit liegen alle jenseits der 2 Gigawatt/Jahr-Fertigungsgrenze, teilweise erreichen sie in diesem 5 Gigawatt. Oftmals sind die Maschinen und Anlagen 1-2 Generationen jünger als die Ausstattung vieler Unternehmen in der EU, die eben mit  Finanzierungsproblemen kämpfen. Wie kann hier ein sinnvoller Vergleich oder eine Wettbewerbschance im Massenmarkt auf Seiten deutscher Unternehmen hergestellt werden? Und da reden wir nicht über Dumping, sondern stumpf über Technologie und Größeneffekte.

Nachdem sich am 7. Januar 2016 Großbritannien massiv gegen die Fortführung der Mindestpreisregelung/Zölle auf Solarmodule aus China ausgesprochen hat und auch eine Positionierung eines CSU-Abgeordneten gegen die Zölle bekannt wurde, gab es eine weitere Entscheidung gegen den Willen von Solarworld.

Die EU-Kommission hat ihre Entscheidung zur Findung des Mindestpreises für den Import von chinesischen Solarmodulen bekannt gegeben. Es bleibt bei der bestehenden Regelung wonach der dafür maßgebliche Bloomberg-Index auch in Zukunft Angebote aus dem gesamten Weltmarkt berücksichtigt. Solarworld hat mit seiner selbstgestrickten Organisation EU Prosun (die aus Solarworld und nach eigener Angabe 30 Miniherstellern besteht, welche im Gros nicht einmal den Mut haben, ihren Namen zu nennen) bei der EU-Kommission hingegen beantragt, die chinesischen Anbieter auszuschließen. Hätte EU Prosun damit Erfolg gehabt, wäre der Mindestpreis ziemlich sicher noch weiter nach oben gegangen. Bereits heute liegt der Mindestpreis von 56 Cent/Watt deutlich über den Preisen, welche leistungsfähige EU-Hersteller bei Abnahmen von großen Mengen von Standard Solarmodulen (60 Zellen, 255-260 Wattpeak) verlangen. Gegenüber aktuellen Angeboten von führenden Anbeiter außerhalb der EU liegt der Mindestpreis sogar um 35 Prozent höher. Er ist nicht nur deshalb ohnehin eine bitterböse Farce. Zum Glück wird das nun nicht noch unsinniger.

Man könnte den Versuch von Solarworld, damit > 85 Prozent des Weltmarktes aus der Preisfindung auszuschließen, als "Taschenspielertick" bezeichen. Aber der Index ansich ist ohnehin fragwürdig genug, denn hier wird, so wie er ist, auch keinesfalls die Leistungfähigkeit der besten Hersteller abgebildet, sondern eine Mischung, die halt nun so ist wie, sie ist. Und liest man Veröffentlichungen zu den "Mittleren Verkaufspreisen" der großen Modulhersteller fragt man sich eh, wie die dort in der Regel wesentlich höheren Werte als im Markt große Abnahmemengen zustande kommen. Der Markt bleibt hier weiter recht intransparent.

Ob das allerdings im laufenden Zollstreit bedeutet, dass Solarworld auch hier auf dem absteigenden Ast sitzt und das auch eine Vorentscheidung für die laufende Überprüfung der Zölle auf Solarmodule an sich bedeutet, darf angesichts der beinharten Protektionisten und z.T. bekennenden Chinahassern in der Kommission bezweifelt werden.